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Mindesteinkommen und Mindestbeitrag in der Satzung

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    Mindesteinkommen und Mindestbeitrag in der Satzung

    Hallo,

    wie an anderer Stelle erwähnt, muss ich hier mal die Frage aufwerfen, ob es zulässig ist, beim Mindesteinkommen einen höheren als den Mindestbeitrag zu verlangen.

    Gut, dass ich noch ein paar Tage gewartet habe, sonst wäre bei vielen von euch die Reaktion gewesen: Mit dem kürzlichen Regierungsbeschluss hat sich die Frage ja wohl erledigt. Nein, die Frage hat sich IMHO nicht erledigt.

    Aber zunächst will ich den Sachverhalt beschreiben.

    § 90 SGB VIII legt fest, dass Beiträge erhoben werden können und dass sie sozial zu staffeln sind. Zuletzt wird auf die Beachtung von § 85 SGB XII verwiesen.

    Dort ist das Mindesteinkommen juristisch eindeutig und präzise definiert: Er besagt, dass den Betroffenen die Aufbringung bestimmter Mittel, hier des Elternbeitrags, nicht zuzumuten ist. Das Mindesteinkommen setzt sich aus verschiedenen Regelsätzen der Sozialhilfe sowie den regional unterschiedlichen nötigen Aufwendungen für die Unterkunft zusammen. Ich will das hier nicht vorrechnen. Aber ein Beispiel muss ich nennen:

    Im Landkreis MOL (gewiss nicht der mit den höchsten Mieten) ergibt das für 2019 im preiswertesten Mietvergleichsraum 4 für eine Familie mit einem Kind 1680,60 €, das sind im Jahr 20167,20 €.

    Unsere Landesregierung schenkt also den Familien etwas, was ihnen nach Bundesrecht ohnehin zusteht. Wenn jetzt jemand fragt, was sie sich dabei gedacht hat: Es ist Wahlkampf. (Vergleicht man Zahlen und Formulierungen in der jüngsten Pressemitteilung des MBJS und des SGB, kann man Zufall und Ahnungslosigkeit ausschließen.)

    Das Mindesteinkommen wächst natürlich mit der Kinderzahl.

    Es muss noch erwähnt werden, dass Sozialpolitiker und -wissenschaftler bei Einkommen in dieser Größenordnung nicht von Armut, sondern von Armutsgefährdung sprechen. Man will verhindern, dass Familien durch die Kinderbetreuung in die Armut abgleiten und das ist gut so.

    "Nicht zuzumuten", wie es im Gesetz heißt, bedeutet, dass die Familien nicht durch Beiträge belastet werden dürfen, es bedeutet nicht, dass sie entlastet werden sollen. Also gibt es den Mindestbeitrag in Höhe der häuslichen Ersparnis.

    In der Vergangenheit gab es Einrichtungen, bei denen die Kinder ihre Verpflegung von zu Hause mitgebracht haben. Man begegnet dieser Regelung auch jetzt noch, zum Teil durch einen Passus in der Satzung festgehalten. In Nachkriegszeiten, als ich (und auch unsere Landesväter) den Kindergarten besuchten, war dies sicher eine sinnvolle Sache. In der Gegenwart sehe ich aber ein finanzielles und ein juristisches Gegenargument.

    Juristisch kommt man in Schwierigkeiten, wenn die Kinder dann doch keine Verpflegung mitbringen. Die Einrichtung ist trotz eines Passus' in der Stzung zur Versorgung verpflichtet. Und es vergessen immer die gleichen Kinder ...

    Nach dem bisher Dargelegten erscheint es plausibel, dass eine Satzung vorgeben muss, dass bis zum Mindesteinkommen nur der Mindestbeitrag zu entrichten ist. Dem gegenüber gibt es (noch) Satzungen, bei denen mit einem Einkommen in Höhe des Mindesteinkommens schon ca. 50 € zu entrichten sind. Daraus entstehen für mich zwei Fragen:

    1. Besteht die Gefahr, dass dieser Makel bei einer gerichtlichen Prüfung zur Ungültigkeit der Satzung führt (mit verheerenden Folgen)? Ich bin kein Jurist, deshalb kann ich dazu nur sagen: "Ich glaube nicht." Betroffene haben nämlich die Möglichkeit, beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe Antrag auf Rückerstattung zu stellen. Diese Möglichkeit bietet § 85 SGB XII. Aber diese Frage interessiert mich nicht sonderlich, es sei denn, es heißt, solche Satzungen sind schnellstens zu erneuern. Am Ende meines Beitrags habe ich das Problem mal in einem Zahlenbeispiel dargestellt. Man beachte den Unterschied im roten Rahmen!

    2. Meine Frage ist: Sind Satzungen, die beim Mindesteinkommen einen höheren als den Mindestbeitrag verlangen, überhaupt genehmigungsfähig? Darf das Jugendamt Einvernehmen herstellen?

    Bisher war ich (mit der AG17) der Überzeugung, dass das nicht möglich ist. Aber wenn sogar die Landesregierung denkt, man könne Einkommensschwache entlasten, wird man unsicher.

    Befürworter argumentieren, wie oben schon erwähnt, dass die Rückerstattung beantragt werden kann. Da diese Rückerstattung durch das Jugendamt bisher über die Kreisumlage von den Kommunen aufgebracht werden musste, käme eine Beitragsfreistellung, also Geld aus dem Bundeshaushalt, doch noch Bedürftigen (den Kommunen) zugute.

    Dagegen spricht, dass es nicht angeht, dass Bedürftige erst einen Antrag stellen müssen, um zu ihrem Recht zu kommen. Das darf man jetzt nicht verwechseln mit anderen Anträgen. Wohngeld, Hartz IV, da müssen die Behörden erst mal informiert werden, dass und in welcher Höhe Bedarf vorliegt. Hier hat der Träger von allen, die nicht den Höchstbeitrag zahlen wollen, bereits die Daten vorliegen. Da muss der Bedürftige nicht noch mal dem Jugendamt seine Bedürftigkeit erklären.

    Hinzu kommt, dass handwerkliche Fehler (wie beim beitragsfreien Vorschuljahr) dazu führen, dass das ausgeklügelte System der finanziellen Unterstützung Bedürftiger gestört wird.

    Diese Ansicht wurde auch schon durch Gerichtsurteile bestätigt: OVG Bremen: 2 D 106/13 vom 31.10.2014

    Ein ähnlich lautendes Urteil muss das VG Cottbus im vergangenen Jahr gesprochen haben. Leider habe ich es versäumt, die Quelle zu notieren.

    Am Ende ein Tipp für alle, die mir beipflichten: Wenn Sie es sich zeitlich leisten können, warten Sie mit der Umsetzung meiner Ratschläge, bis Sie die Durchführungsbestimmungen des Gesetzes zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes kennen.


    #2
    Ich muss meinen Tipp vom Ende des Beitrags relativieren.

    Inzwischen habe ich die Newsletter "Einstieg in die Kita-Beitragsfreiheit" vom MBJS gelesen. Dort wird ab S. 3 unten beschrieben, welche Anforderungen an die Satzungen gestellt werden. Damals lag es in der Natur der Sache, dass die Bedeutung des Höchstbeitrags betont wird.

    Wenn das MBJS diesmal ähnlich vorgeht (dieses Mal mit Beachtung des zulässigen Mindestbeitrags), dann nützt das Festhalten an den "alten" Satzungen wenig. Das würde IMHO auch die Durchführungsregelungen wesentlich vereinfachen.

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      #3
      Ich würde Ihrem zweiten Beitrag zustimmen. § 90 SGB VIII neu regelt jetzt explizit für welche Gruppen ein Beitrag nicht zuzumuten ist. Bei diesen dann 50€ zu verlangen, scheint willkürlich. Und die Gesetzgebung muss dahingehend ausgestaltet werden, ein "Gesundstoßen" der Träger mit Mindestbeiträgen von 80€ ( ja das soll es unverständlicherweise geben) und deren vollen Erstattung zu verhindern.

      Auf Ihre Frage: m.M.n. ist es nicht zulässig. Ich erhebe sehenden Auges Beiträge, die für diese Gruppen allgemein nicht zumutbar und somit nicht sozialverträglich sind. Mit der hehren Intention meinen Haushalt aufzubessern. Sicherlich bleibt die Frage wie hoch der Mindestbeitrag ist, aber sicher nicht 50 €. Insofern hoffe ich, dass diese Beiträge nicht erstattet werden. Denn der Mindestbeitrag beeinflusst massiv die Staffelung der weiteren Beiträge, somit sind durch einen hohen Mindestbeitrag alle Beitragszahler benachteiligt.

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        #4
        In meinem Beitrag zum Konnexitätsausgleich https://kita-brandenburg-forum.de/fo...damt-gctid2122 habe ich eben das Urteil über die Satzung von Kyritz erwähnt. Um die Bedeutung dieses Urteils zu verstehen, muss man noch folgendes wissen: Anlässlich der Beitragsbefreiung im Vorschuljahr gab das Ministerium bekannt, dass die Anpassung der Satzungen nicht überstürzt erfolgen muss. (Ich las das in einem Newsletter.) Voraussetzung für die Erstattung der Beitragsausfälle (Pauschale 125 €) ist allerdings eine rechtsgültige Satzung. Es wäre eine Katastrophe, wenn das auf geschätzt 90 % der Satzungen nicht zuträfe.

        Bei der diesjährigen Beitragsbefreiung für sozial Bedürftige halte ich diese Vorgehensweise für nicht realistisch, aus den von Ihnen geschilderten Tatsachen ist eine schnelle Anpassung der Satzungen erforderlich. Eine längere Umstellungsphase wäre sinnvoll. Aber der Termin 01.08.19 war sicher vom Wahlkampf geprägt.

        Ich bin mal gespannt, wie das läuft.

        Ich schaue mal in meine Glaskugel: Als Zieltermin für die vollständige Beitragsbefreiung war sicher das Ende der nächsten Legislaturperiode geplant. Mich würde aber nicht wundern, wenn der Termin vorgezogen wird, um das jetzt entstehende Chaos zu beenden.

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          #5
          Dies ist richtig und in § 24 KitaG normiert. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Übergangsvorschrift nur Träger genießen können, deren Satzungen "dem Gesetz in der bis zum 31. Juli 2018 geltenden Fassung entsprechen."

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            #6
            Und zur Kyritzer Satzung: Man kann vermuten, dass der LK dieses Verfahren nicht verloren hätte, wenn man im Anbetracht des oben zitierten Absatzes eine Erklärung der Stadt gefordert hätte.
            Es hätte schon ein Verweis auf das Wunsch- und Wahlrecht genügt. Kommt ein Kind aus einer anderen Region, sind die Kosten der Unterkunft und damit das Mindesteinkommen anders.

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              #7
              Es hätte schon ein Verweis auf das Wunsch- und Wahlrecht genügt. Kommt ein Kind aus einer anderen Region, sind die Kosten der Unterkunft und damit das Mindesteinkommen anders.
              und daraus ziehen Sie welchen Schluss?

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                #8
                Für eine Satzung wird das Mindesteinkommen benötigt (§ 85 (2) SGB XII). Bis zu diesem darf eine Familie nicht zusätzlich belastet werden - bisher über den Mindestbeitrag (§ 92a (1) SGB XII), ab 01.08.19 über 0 € hinaus.

                Zu diesem Mindesteinkommen gehören (Punkt 2 des o. g. §) auch die Kosten der Unterkunft, und diese sind regional unterschiedlich. Im Kompendium der AG 17 wird ab Seite 75 darauf ausführlich eingegangen, natürlich sind die Zahlen inzwischen veraltet. Glücklicherweise gibt es für meinen Landkreis MOL aktuelle Zahlen (https://ogy.de/1781), erst im März diesen Jahres in Kraft getreten. In unserer (ziemlich preiswerten) Region liegt die Grenze für eine Ein-Kind-Familie bei 20 222 €, das zeigt, dass die Grenzwerte auch über den 01.08.19 hinaus bedeutsam sind.

                Nun haben die Richter für Kyritz entschieden (Ich sage noch mal, dass dieses Urteil Gold wert ist.), mit der Begründung, wenn im SGB die Möglichkeit des Antrags eingeräumt wird, muss es dafür einen Grund geben. Dem Träger kann es deshalb nicht verwehrt werden, eine Satzung zu gestalten, die Antragstellung erfordert, um unzumutbare Belastung zu vermeiden.

                Ich sehe das anders.

                Für die Satzungsgestaltung verwendet man natürlich die Kosten der Unterkunft aus der eigenen Region. So erreicht man, dass keine Familie erst einen Antrag beim Jugendamt stellen muss, um unzumutbare Belastung zu vermeiden, es hätte dazu also keines brandenburgischen "Gute-Kita-Gesetzes" bedurft.

                Ausnahmsweise muss aber doch ein Antrag gestellt werden, wenn ein Kind aus einer anderen Region aufgenommen wird. Hier besuchen zum Beispiel etliche Kinder aus Frankfurt (Oder), aber auch aus LOS die Einrichtungen. Die Familien zahlen dann natürlich ihren Beitrag gemäß Satzung. Wenn in ihrem Wohnort aber die Kosten der Unterkunft höher sind, kann es sein, dass sie wegen des höheren Mindesteinkommens noch gar nicht unzumutbar belastet werden dürften. Für solche Ausnahmefälle ist die Antragstellung erforderlich. Es gibt also einen guten Grund, die Erstattung auf Antrag zuzulassen.

                Natürlich heißt das nicht, dass es keine Satzungen wie die Kyritzer mehr geben darf, bei der die Antragstellung für Eltern mit Einkommen über 20 000 € zur Regel wird. Aber in der Haut der Sachbearbeiter, sowohl beim Jugendamt als auch beim Träger, möchte ich dann nicht stecken.

                Naive Gemüter denken natürlich: "Kein Beitrag mehr, dann wird es ja weniger Arbeit geben." Vielleicht, wenn es gut gemacht ist ...

                Ich vermute übrigens, dass ein Satz aus dem Entwurf der betreffenden Verordnung noch verschwinden wird, nämlich der, der die Träger verpflichtet, die Eltern zu beraten.

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                  #9
                  Für den Antrag wäre doch dann der "Heimat-Landkreis" zuständig, der dann seine eigenen KdU ansetzt? Ich erkenne die Problematik leider nicht

                  Naive Gemüter denken natürlich: "Kein Beitrag mehr, dann wird es ja weniger Arbeit geben." Vielleicht, wenn es gut gemacht ist ...
                  Das stimmt und was wir bekommen sind komplizierte Erstattungsverfahren, die einander bedingen bzw. aushebeln.

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                    #10
                    Für den Antrag wäre doch dann der "Heimat-Landkreis" zuständig, der dann seine eigenen KdU ansetzt? Ich erkenne die Problematik leider nicht
                    Wir kamen doch zu der Frage durch den Prozess gegen die Kyritzer Satzung:

                    Und zur Kyritzer Satzung: Man kann vermuten, dass der LK dieses Verfahren nicht verloren hätte, wenn man im Anbetracht des oben zitierten Absatzes eine Erklärung der Stadt gefordert hätte.
                    Es hätte schon ein Verweis auf das Wunsch- und Wahlrecht genügt. Kommt ein Kind aus einer anderen Region, sind die Kosten der Unterkunft und damit das Mindesteinkommen anders.
                    Die Kyritzer Satzung ist doch so gestrickt, dass ein erheblicher Anteil Bedürftiger erst auf Antrag von unzumutbaren Beiträgen entbunden wird. Das gefiel dem LK verständlicherweise nicht, schließlich musste das Jugendamt alle Anträge bearbeiten. Also verweigerten sie das Einvernehmen und verlangten eine Satzung, die von vornherein nur zumutbare Beiträge erhob.

                    Die Richter argumentierten dagegen folgendermaßen: Wenn die Forderung des LK (angemessene Beiträge ohne Antrag) berechtigt wäre, warum wird dann im SGB/KitaG die Möglichkeit "auf Antrag" eingeräumt? Damit würde die Entscheidungshoheit des Trägers ohne Grund eingeschränkt.

                    Mein letzter Beitrag hat dagegen gezeigt, dass es durchaus einen unvermeidbaren Grund gibt, die Möglichkeit des Antrags einzuräumen. Damit ist die Begründung des Gerichts nicht mehr stichhaltig. Schließlich habe ich die Frage beantwortet, "warum dann im SGB/KitaG die Möglichkeit "auf Antrag" eingeräumt wird?" Nämlich für den unvermeidlichen Ausnahmefall.

                    Mankann natürlich immer noch der Meinung sein, die Entscheidungshoheit des Trägers würde ohne Grund eingeschränkt, nur die Begründung zieht nicht mehr.

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