In der Sendung "Brandenburg aktuell" vom 02.07.19 beantwortete Herr Staatssekretär Drescher vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Fragen zur Kitafinanzierung, insbesondere zu den Einnahmeausfällen durch das "Brandenburgische Gute-Kita-Gesetz". Im Folgenden will ich mich mit seinen Aussagen auseinandersetzen. Zuvor lief eine Reportage aus Prenzlau, die den Sachverhalt im Wesentlichen korrekt darstellte, nur an einer Stelle will ich korrigieren:
Der Sozialdezernent Herr Wichmann nannte die Standortgemeinden als vom finanziellen Schaden betroffene. Es sind aber die Wohnortgemeinden, also praktisch alle Kommunen, von denen sich die Standortgemeinden nach § 16 (5) KitaG das Geld holen.
Sehr geehrter Herr Drescher,
Sie sagten ...
... auf die Frage: "Wollen Sie die Landkreise gegen die Kommunen aufhetzen?"
Hehre Worte, aber völlig unglaubhaft! Sie wollen in vier Wochen mit dem Damoklesschwert des 01.08. als Vollzugstermin erreichen, was Sie in den zwei Jahren, seit Sie das Problem kennen, nicht einmal ansatzweise versucht haben? Und Sie misstrauen Ihren Gesprächspartnern, so dass Sie den wahren Grund (der durchaus respektabel ist) mit dem Wahlgeschenk verschleiern.
... auf die Frage: "Warum sollen die Kommunen denn jetzt bezahlen?"
Hier sind Sie einfach nur der Frage ausgewichen und haben gesagt, was längst allen bekannt ist. Sie haben doch sicher vor dem Interview Gelegenheit gehabt, die Reportage zu sehen und wissen, dass es nicht um die Eltern, sondern um die Kommunen geht.
... auf die Frage: "Das Land bestellt, muss das Land nicht auch die Kosten finanzieren?"
Natürlich ist das Land in der Konnexitätspflicht, und zwar gegenüber jeder einzelnen Gemeinde. Und Sie wissen ganz genau, dass nach bisheriger Rechtslage von jeder Familie, auch von Leistungsbeziehern die häusliche Ersparnis als Beitrag zumutbar war. Dass Sie es wissen. lässt sich daran erkennen, dass die 12,50 € ziemlich nahe am Mittelwert liegen. (In einer Stichprobe bin ich auf 12,64 € gekommen.)
... auf die Frage: "In 93 % der Gemeinden ist diese Pauschale von 12,50 € eben nicht ausreichend. Was sagen Sie dazu?"
Es lässt sich leicht erkennen, dass die Trägerlandschaft inhomogen ist, die Abweichungen vom Mittelwert nicht etwa nur durch (in Ihren Augen) fehlerhafte Satzungen entstehen. Es gibt Träger, die nur Einrichtungen ohne Hortbereich haben. Die 9 € häusliche Ersparnis für Hortkinder, die anderswo den Mittelwert senken, gibt es dort nicht. Da muss man sich gar nicht erst mit anderen, durchaus noch vorhandenen Folgekosten befassen, die durch Gebührensprünge entstehen, wie Sie im "Infoschreiben an Kita-Träger zur Ausweitung der Beitragsfreiheit" beschrieben werden.(https://mbjs.brandenburg.de/media_fa...gsfreiheit.pdf, Seite 4)
... auf die Frage: "25 € wären auskömmlich, Sie wollen nur die Hälfte zahlen, warum?"
Jetzt muss ich doch mal ironisch werden: Sie wollen das Licht der Weisheit in die Kommunen, Träger und Jugendämter tragen?
Unter "miteinander reden", wie oben dargestellt, verstehe ich etwas anderes!
Und ob die aktuell geltenden Satzungen rechtskonform sind, wurde schon vor Gericht entschieden. (VG 10 K 2485/13)
Und das sollten Sie auch wissen, gehört doch dieses Urteil zur Entstehungsgeschichte des Gute-Kita-Gesetzes.
... auf die Frage: "Bedeutet das für wohlhabendere Eltern, dass die dann stärker zur Kasse gebeten werden?"
Nun, Sie können es als Peanuts abtun, aber wenn die Träger einen höheren Verwaltungsaufwand haben und nicht in den Genuss der Konnexität kommen, kommen diese Verwaltungskosten in den großen Topf der Platzkosten, aus denen sich der Höchstbeitrag ermittelt.
... auf die Frage: "Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen?"
Ihre Einstellung zu möglichen Prozessen ist in mehrerlei Hinsicht destruktiv.
Eine Klage verhindert, dass man vernünftig miteinander redet, oft gibt es danach nur Verlierer. Das wird auch hier so kommen.
Wie im oben erwähnten Infoschreiben dargestellt, wäre eine unverzügliche Satzungsänderung zu empfehlen. Durch einen Prozess wird diese verzögert. Gleich, wie der Prozess ausgeht, es kann ein Rattenschwanz von Elternklagen folgen. Wer ersetzt den Schaden, wenn Sie den Prozess verlieren? Mehrere Jahre bis zum Urteil ohne gültige Satzung?
Sollten Sie hoffen, dass die Drohung mit einem Prozess die Kommunen zum Einlenken bringt, werden Sie wohl enttäuscht werden. Dazu ist die Fehlerhaftigkeit zu offensichtlich und sind die finanziellen Folgen für die Kommunen, und zwar für alle Wohnortkommunen zu groß.
Freundliche Grüße
Hartmut Scheffer
Der Sozialdezernent Herr Wichmann nannte die Standortgemeinden als vom finanziellen Schaden betroffene. Es sind aber die Wohnortgemeinden, also praktisch alle Kommunen, von denen sich die Standortgemeinden nach § 16 (5) KitaG das Geld holen.
Sehr geehrter Herr Drescher,
Sie sagten ...
... auf die Frage: "Wollen Sie die Landkreise gegen die Kommunen aufhetzen?"
Unser Ziel ist, dass wir im Sinne der Eltern und den Kindern mit den Kommunen, mit den Trägern, das heißt also dann auch mit den Gemeinden, mit den Städten und auch den Landkreisen versuchen, eine vernünftige Lösung zu finden und die Finanzierungsfragen, die sich daraus ergeben, einvernehmlich zu klären.
... auf die Frage: "Warum sollen die Kommunen denn jetzt bezahlen?"
Bisher ist es so, dass Geringverdiener dann bei den Landkreisen entsprechende Erstattungen beantragen konnten, die sie dann von dort bekommen haben. Das wird mit diesem neuen Gute-Kita-Gesetz dann wegfallen, weil zukünftig dann tatsächlich Eltern mit geringem Einkommen wie auch Leistungsbezieher von Gebühren befreit werden.
... auf die Frage: "Das Land bestellt, muss das Land nicht auch die Kosten finanzieren?"
Also wir sehen da keine sogenannte Konnexitätspflicht, sondern eigentlich müsste es so sein, dass schon nach bisheriger Regelung Leistungsbezieher von Elterngebühren befreit werden. Das ist in manchen Kommunen, bei manchen Trägern so, bei manchen eben auch nicht und insofern sind wir mit den 12,50 €, die wir dann den Kommunen, den Trägern erstatten, sozusagen mit einem Mittelwert eingestiegen, der das dann eigentlich auch widerspiegelt.
... auf die Frage: "In 93 % der Gemeinden ist diese Pauschale von 12,50 € eben nicht ausreichend. Was sagen Sie dazu?"
Da gibt es natürlich eine große Gebührenspreizung, wir haben zum Beispiel, wenn man sich die Landeshauptstadt Potsdam ansieht, sehr erfreut zur Kenntnis genommen, dass man dort Empfehlungen ausspricht, dass bei Leistungsbeziehern keinerlei Gebühren zu erheben sind, wir haben aber auch einzelne Träger, die bis zu 68 € von Leistungsbeziehern verlangen und das ist für uns nicht sozialverträglich und insofern können wir auch nur die Gebühren erstatten, die tatsächlich rechtskonform und auch sozialverträglich sind.
... auf die Frage: "25 € wären auskömmlich, Sie wollen nur die Hälfte zahlen, warum?"
Wie ich eingangs sagte, dürften eigentlich von Leistungsbeziehern schon jetzt gar keine Gebühren eingenommen werden, das heißt also insofern können wir da auch nicht Dinge erstatten, die nicht tatsächlich auch rechtskonform sind und insofern müssen wir darüber auch mit den Kommunen, mit den Trägern weiterhin sprechen, machen das auch. Wir haben dort also verschiedene Veranstaltungen, auch mit den Jugendamtsleitungen, wir werden demnächst eine große Tagung dazu durchführen, wo man dieses Problem auch genau beleuchtet.
Unter "miteinander reden", wie oben dargestellt, verstehe ich etwas anderes!
Und ob die aktuell geltenden Satzungen rechtskonform sind, wurde schon vor Gericht entschieden. (VG 10 K 2485/13)
Und das sollten Sie auch wissen, gehört doch dieses Urteil zur Entstehungsgeschichte des Gute-Kita-Gesetzes.
... auf die Frage: "Bedeutet das für wohlhabendere Eltern, dass die dann stärker zur Kasse gebeten werden?"
Das glaube ich nicht, dass da ein Automatismus besteht, weil die Kalkulation von Elterngebühren, auch wenn die für manche sehr intransparent sind, doch an ganz klaren gesetzlichen Regelungen orientiert ist und insofern gehen wir nicht davon aus, dass es hier so einen Umschichtungsprozess gibt, sondern einfach nur im Sinne der betroffenen Eltern, dass wir durchsetzen wollen, dass Leistungsbezieher und Geringverdiener tatsächlich von Gebühren befreit werden.
... auf die Frage: "Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen?"
Bei den 12,50 € ist das letzte Wort gesprochen, das ist im Bildungsausschuss des Brandenburger Landtags so vorgestellt worden und von den Abgeordneten einstimmig angenommen worden, also insofern für uns auch Handlungsgrundlage und insofern wird sich daran nichts ändern. Unabhängig davon gibt es aber selbstverständlich dann für die betroffenen Träger und Kommunen die Möglichkeit, das gerichtlich überprüfen zu lassen.
Eine Klage verhindert, dass man vernünftig miteinander redet, oft gibt es danach nur Verlierer. Das wird auch hier so kommen.
Wie im oben erwähnten Infoschreiben dargestellt, wäre eine unverzügliche Satzungsänderung zu empfehlen. Durch einen Prozess wird diese verzögert. Gleich, wie der Prozess ausgeht, es kann ein Rattenschwanz von Elternklagen folgen. Wer ersetzt den Schaden, wenn Sie den Prozess verlieren? Mehrere Jahre bis zum Urteil ohne gültige Satzung?
Sollten Sie hoffen, dass die Drohung mit einem Prozess die Kommunen zum Einlenken bringt, werden Sie wohl enttäuscht werden. Dazu ist die Fehlerhaftigkeit zu offensichtlich und sind die finanziellen Folgen für die Kommunen, und zwar für alle Wohnortkommunen zu groß.
Freundliche Grüße
Hartmut Scheffer
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