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Unendlicher Rechtsanspruch?

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    Unendlicher Rechtsanspruch?

    Sehr geehrter Herr Diskowski,

    in meiner Gemeinde kann ich schon seit geraumer Zeit beobachten, dass immer mehr Kinder täglich immer länger in unserer Kita betreut werden. Das trifft insbesondere für die Krippen-Kinder zu, lässt sich aber auch an für die älteren Kinder beobachten. Ich verstehe, dass Kindertagesstätten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen und sicherstellen sollen und ich grenze meine Frage bewusst von Finanzierungsaspekten ab. Aber ist es mit Blick auf das Kind nicht grenzwertig, 9 und mehr Stunden in der Kita betreut zu werden? Wir wissen, dass die elterliche Bindung und Bildung maßgeblich für die Entwicklung der Kinder ist und lassen gleichzeitig zu, dass unsere Jüngsten stetig länger und nicht im familiären Kontext betreut werden.

    ich freue mich auf Diskussionsbeiträge.

    mit besten Grüßen

    Patricia S.

    #2
    Sehr geehrte Patrizia S.,

    da Sie mich direkt angesprochen haben, möchte ich auch antworten - hoffe aber, dass viele andere ForumsteilnehmerInnen in diese Diskussion einsteigen.

    Sie haben die Fragen in der Rubrik "Recht und Struktur" und unter dem Stichwort "Rechtsanspruch" gestellt. Diesen Aspekt hat es sicherlich auch. Mit Ihrer Fragen weisen Sie darauf hin, dass das Thema wohl vorrangig ein Pädagogisches ist. Unter pädagogischer Sicht kann ich Ihnen nur völllig zustimmen; gerade bei kleinen Kindern sollte die Anwesenheitszeit in einer Kita- oder Tagespflegegruppe nicht unnötig lang sein. Die bekannte Bindungsforscherin Lieselotte Ahnert hat die Abwägung des Verhältnisses von familiärer und öffentlicher Erziehung in Ihren sehr lesenswerten Bund "Wieviel Mutter braucht ein Kind?" dargelegt. Kann man m.E. auch keine fixen Stundenumfänge angeben, muss man sich doch der Tatsache bewusst sein, dass die lange Anwesenheit von Kleinstkindern in einer Gruppe stressauslösend ist. (Ich würde gerne diesen Beitrag auch in das Forum "Pädagogik" einstellen und hoffe, das ist Ihnen recht.

    Sie fragen aber nach der rechtlichen Seite und hier sind aus meiner Sicht zwei Regelungen einschlägig:

    § 1 Abs. 3 KitaG sieht den Rechtsanspruch von Kindern bis zum Einschulungsalter als mit sechs Stunden erfüllt an. Satz 2 führt dann aus: "Längerer Betreuungszeiten sind zu gewähren, wenn die familiäre Situation (...) dies erforderlich macht." Ein länger als sechs Stunden gewährter Rechtsanspruch wäre also zu begründen und ggf. gegenüber dem Jugendamt (oder der die Aufgaben wahrnehmenden Gemeinde) zu belegen. Ein ohne zwingenden Grund verlängerter Rechtsanspruch dürfte also m.E. nicht vorkommen.

    § 9 Satz 4 KitaG begrenzt (nach oben wie nach unten) die Betreuungszeit der Kinder u.a. auf das Maß, das ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen entspricht. Dies scheint mir ein deutliches Indiz, dass insbes. bei Kleinstkindern auf die Länge der Betreuungszeit zu achten ist. Der folgende Satz 5 ("Sie sollte n der Regel zehn Stunden nicht überschreiten") scheint mir nicht das "verträgliche Maß" darzustellen, sondern die "Grenze des noch Zuträglichen".

    Ich würde mich freuen, wenn von PraktikerInnen und WissenschaftlerInnen differenzierter Beiträge kämen.
    Es grüßt freundlich
    Detlef Diskowski

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      #3
      Sehr geehrte Patrizia S.,

      wenn man in die aktuelle Bundesjugendstatistik schaut, dann muss man feststellen, dass sich in Brandenburg die Tendenz zu langen Betreuungszeiten weiter fortsetzt. Das ist sicher einerseits der erfreulichen Entwicklung zur Vollbeschäftigung zu verdanken. Ob es aber notwendig, wünschenswert, erträglich ... ist, dass fast 32% aller Krippenkinder vereinbarte Betreuungszeiten von länger als 45 Std./Woche haben, steht m.E. auf einem anderen Blatt.

      Nähere und weitere Informationen finden sich auf den Seiten vom Amt für Statistik: https://www.statistik-berlin-branden...g=BBB&anzwer=9
      Es grüßt freundlich
      Detlef Diskowski

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        #4
        Guten Morgen in die Runde!

        Als Mama und kommunale Politikerin möchte ich meine Sicht darlegen.

        In unserer Kommune werden 2 Kinder 10 h betreut alles darunter sind gebuchte Stunden bis 9.

        Das bedeutet aber nicht, dass diese Kinder auch tatsächlich 9 h in der Kita sind.

        Wir haben für unseren Sohn ein Stundenkontingent von 40 h gebucht und nutzen davon zwischen 30 h und 37 h.

        Auf der anderen Seite wollen Arbeitgeber eher Vollbeschäftigtigte und weniger Teilzeitbeschäftigte. Wo liegt hier die Diskrepanz?

        Vg

        Mike

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          #5
          Sehr geehrte Mike,

          wie kommt es dann zu den von mir zitierten Daten der Bundesjugendstatistik ..... und was sagen Sie als Mama und kommunale Politikerin dazu?
          Es grüßt freundlich
          Detlef Diskowski

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            #6
            Guten Morgen,

            die Daten der Statistik belegen meiner Meinung - und nur so geht es auch-,was an Betreuungsstunden gebucht wurde. Sie kann nur das widerspiegeln, aber NICHT, dass Tatsächliche!

            Wie ich bereits geschrieben habe, in unserer Kommune gibt es "nur" die zwei Elternpaare, wobei auch da teilweise die Zeit unterschritten wird.

            Gründe dafür könnten sein, dass die Eltern Schichtarbeiten oder einer Selbstständigkeit nachgehen. Das sind hier aber nur Spekulationen.

            Die Diskrepanz ist oft, dass Arbeitgeber gern Vollbeschäftigtigte hätten.

            1) Es gibt wenige, die einen eigenen Kindergarten für die Kinder der Beschäftigen betreiben..

            2)Der ÖPNV gerade in ländlichen Bereichen oft unzureichend ist.

            3)Die Arbeit sich dort konzentriert, wo der Arbeitgeber sitzt.(Angebot für bestimmte Tätigkeiten in Teleheimarbeit,etc...).

            4) Die Arbeit sich an Ballungsgebieten konzentriert.

            Schon im KitaG steht Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

            Der Landesverkehrsplan Brandenburg gibt auch erst ab 2022 bzw 2025 "Erleichterungen", wenn überhaupt. Gespräche oder Sondierungen wurden aber bisher nicht geführt, um diese auch in der Realität umzusetzen. Das führte ja mitunter auch zum Erliegen des E-Mail-Servers beim Ministerium, da die Resonanz und die Vorschläge "gewaltig" war.

            Viele Baustellen...

            Vg

            Mike

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