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Forum zum Onlinseminar vom 12.03.2019 "Störende Kinder oder (ver-) störende Pädagog*innen"
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Im Webinar kam die Frage nach den Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen auf, die dann aber nicht mehr inhaltlich besprochen wurde.
Sie sind aus meiner Sicht ein sehr guter Wegweiser in die Richtung einer achtsamen, anerkennenden und wertschätzenden Pädagog*in-Kind-Interaktion und -Beziehungsgestaltung. Allerdings sind sie kein Garant für eine durchweg anerkennende und wertschätzende InteraktionsPRAXIS in der Kita. Auch nicht dann, wenn sie im Eingangsbereich ausgehängt sind.
Gerade heute morgen gab es in einer Kita, in der vor kurzem noch ein Plakat mit den Leitlinien der Reckahner Reflexionen aushing, eine eindrückliche Interaktionssituation. Die Kinder befanden sich in der Garderobe beim Ankleiden. Ein Kind weinte. Daraufhin sagte ein anderes Kind zur Pädagogin: "Stimmts, bei (Name) kommen wieder die Bockhörner raus." Pädagogin: "Ja, das sind die Bockhörner". Kind. "Da muss (Name) in den Zickenstall." Pädagogin: "Genau, (Name) gehört in den Zickenstall." Das ereignete sich gar in Anwesenheit von Eltern.
Es scheint daher, dass das Bewusstsein über die integritätsverletzende Wirkung solcher Ausagen teilweise nicht vorhanden ist und keine Klarheit über die Folgen solcher Interaktionen besteht. Zumal die Worte Bockhörner und Zickenstall scheinbar regelmäßig von der Pädagogin genutzt werden, wie die Selbstverständlichkeit des Umgangs damit in der Situation zeigt.
Die Frage ist demnach, wie Pädagog*inen darin unterstützt werden können, eine entsprechende berufsethische Haltung und eine Methodenkompetenz zur Gestaltung anerkennender und wertschätzender Interaktion zu entwickeln. Das könnte ganz konkret in handlungs- und selbsterfahrungsorientierten Weiterbildungen erprobt und geübt werden. Das Selbsterfahren abwertender und verletzender Interaktion (in einem geschützten Rahmen) und die anschließende Reflexion kann dabei möglicherweise wertvolle Erkenntnisse aktivieren.
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Ja Herr Kiwitt, solche Szenen kann man immer wieder erleben und sie sind m.E. auch nicht mit Stress, dem schlechten Personalschlüssel o.ä. zu entschuldigen. Da waren Sie gestern im Webinar auch sehr klar; danke dafür.
Mir ist ein anderer Punkt aufgefallen und auf der Anerkennung der von Ihnen geforderten berufsethischen Haltung, muss m.E. dieser Punkt auch thematisiert werden:
Es geht darum, dass es in den Kitas auch Kinder gibt, die beständige Aufmerksamkeit und Reglementierung durch ihr Verhalten einfordern; die andere Kinder und die PädagogInnen körperlich verletzen, wenn sie nicht daran gehindert werden; die alleine offenbar zu keiner Regulation ihrer Impulse in der Lage sind und bestenfalls im 1:1 Kontakt mit einer beständig wachen, zugewandten Fachkraft in der Gruppe gehalten werden können. Um diesen Kindern einen Weg ins Leben zu eröffnen, ist vermutlich Kita nicht mehr der richtige Rahmen .... aber es gibt wohl keinen anderen.
Ich habe eine höchst achtsame, respektvolle und kompetente Erzieherin erlebt, die ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit einsetzen musste, und die zuweilen dieses Kind mit aller Kraft festhalten musste; die das Kind auch mit Gewalt (Festhalten am Arm) daran hindern musste, andere zu gefährden.
Es gibt diese Kinder in unseren Kitas und es gibt sie nicht nur in seltenen Einzelfällen.
Ich kann nachvollziehen, dass es (insbes. in einem Webinar wie gestern) schwierig ist, den angemessenen Umgang mit diesen Kindern zu thematisieren, weil es zu schnell und zu leicht zur Entschuldigung für respektloses, gewaltsames und wenig achtsames Verhalten wird ..... aber verschweigen geht auch nicht! Es gibt eben auch solche "störenden Kinder" und kompetente und achtsame PädagogInnen müssen hier ein Verhalten zeigen (meine ich), das in vielem den von Ihnen vorgetragenen Mahnungen widerspricht. Ein Verschweigen macht solche hoch belasteten Pädagogen noch einsamer und unsicherer als sie es sowieso schon sind, weil sie beständig ein Verhalten zeigen müssen, das auch ihrer eigenen Haltung völlig zuwiderläuft.
Wenn man Ihr Webinar sehr platt und karikiert auf eine Aussage bringt, dann heißt die "PädagogInnen verstören die Kinder, die sie anschließend als störend wahrnehmen." Vielleicht in 95% der Fälle stimmt das (wie ich als nicht sehr guter Pädagoge aus eigener leidvoller Erfahrung weiß) und es ist m.E. eine Frage der Haltung und der fehlenden Professionallität (auch des fehlenden Handwerkszeugs, meine ich). Um aber die ganze Wahrheit zu sagen, muss man sich auch den 5% zuwenden.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich in einem weiteren Webinar dem professionellen und achtsamen Umgang mit solchen armen Kindern zuwenden - vielleicht gemeinsam mit einer/m kompetenten und achtsamen Erzieher/in.
Es grüßt freundlich
Detlef Diskowski
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Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung und die Anregungen, Herr Diskowski.
Ja natürlich, ich gebe Ihnen recht, dass es auch (tw. nicht wenig) Kinder in Einrichtungen gibt, deren Verhalten extrem herausfordernd ist. Dazu können, wie im Webinar thematisiert, persönliche Dispositionen, familiäre Probematiken/Traumatisierungen, überhaupt problematische/traumatisierende Lebenssituationen etc führen. Zum Bespiel, wenn etwa Kinder Vernachlässigung oder Misshandlung und Missbrauch im häuslichen Umfeld erfahren. Es können aber auch Entwicklungsbeeinträchtigungen, neuronale Problematiken etc. eine Rolle spielen. Diese Problemfelder waren jedoch nicht Inhalt dieses Webinars.
Im Webinar habe ich übrigens darauf hingewiesen, dass es im Kita-Alltag immer auch Situationen gibt, in denen Pädagog*innen zu Maßnahmen greifen (müssen), die auf den ersten Blick übergriffig wirken, etwa wenn es um den Schutz anderer Kinder oder des betreffenden Kindes selbst oder auch um den Schutz der eigenen (Pädagog*innen-) Person geht. Im Idealfall werden solche Situationen im Team reflektiert und weiterführende Ideen/Maßnahmen für das Kind abgeleitet. Das war jedoch nicht der Fokus des Webinars, darum kam die Anmerkung auch "nur" am Rande.
Wenn Sie sagen, dass "kompetente Pädagog*innen" bei solchen Kindern ein Verhalten zeigen "müssen", das meinen Überlegungen zu ethisch begründetem Pädagog*innen-Verhalten widerspricht, dann muss die Frage nach dem Kompetenzbegriff aufgerollt werden. Ist solches Handeln als Reaktion auf höchst herausforderndes Kindverhalten als professionelle Kompetenz einzuschätzen? Oder ist es eher ein Mangel an professionellen Handlungsstrategien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten? Das "fehlende Handwerkszeug" sprachen Sie ja selbst schon an. Das würde dann bedeuten, dass Pädagog*innen gestärkt werden müssen, mit solchen Herausforderungen adäquat umzugehen. Also konkret, dass sie ihre Handlungskompetenz dafür (weiter-) entwickeln und ein entsprechendes Know-how erwerben.
Denn sehen Sie, wenn z. B. ein Kind bereits durch massive Übergriffe in seiner Lebenswelt traumatisiert ist und in der Folge extreme Verhaltensweisen zeigt wie etwa Fremd- oder Selbstaggression, welche Folgen für das Kind hätte wohl die Erfahrung, dass sogar die (Fach-) Personen, denen das Kind qua Profession vertrauen können muss, auch über-griffig auf das Kind reagieren? Die Traumatisierung nähme kein Ende.
Am Ende des gestrigen Webinars habe ich auf die vielen Pädagog*innen hingewiesen, die anerkennend und wertschätzend mit den Kindern interagieren und ich meine, dies gewürdigt zu haben.
Tatsächlich kann der von Ihnen angesprochene Inhalt das Thema eines weiteren Webinars sein, gern auch in gemeinsamer Gestaltung mit einer/einem Erzieher*in. Das wäre dann eher eine theoretische Form, als Verständnis- und Verständigungsgrundlage sicher sinnvoll und wichtig. Es müsste dann aber darüber nachgedacht werden, wie konkrete handlungsorientierte und methodische Kompetenzen für herausfordernde Situationen vermittelt werden können. Das geht über ein Webinar nicht so gut, glaube ich.
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